Monat: September 2020

Mit Franziskus in Italien

Bad Wörishofen, im Mai 2022

Liebe Pilgernde,

„Pilgern auf Italienisch“ erzählt von meinen zwei Pilgerreisen, die ich 2018 und 2019 unternahm. Ich hatte Sehnsucht die Romita, dieses wunderbare Kloster in den Bergen des Appenin, wieder zu besuchen. Von dort aus unternahm ich Pilgerausflüge.

Die Romita wurde durch Frate Bernardino geprägt. Der Nachfolger von Franziskus ist am 22. Mai im Alter von 83 Jahren auf seiner Romita gestorben. 1991 hatte er das verlassene Kloster der Benediktiner wieder aufgebaut. Ich bin dankbar, dass ich diesem Menschen auf meiner persönlichen Pilgerreise begegnet bin.

Jetzt wird sich zeigen, ob der Geist und die Gedanken von Frate Bernardino auf der Romita weiterleben. Seine Nachfolger:innen hat er selbst bestimmt. So wird die Romita hoffentlich eine Accoglienza dei Pelegrini bleiben; eine Ruheort für alle Pilgernden auf ihrem Pilgerweg.

Meine Erzählungen vom „Pilgern auf Italienisch“ bleiben, so hoffe ich, zeitlos – Dank des guten Geistes auf der Romita.

Buon Cammino

Paola

An einem Sommermorgen,

da nimm‘ den Wanderstab.

Es fallen Deine Sorgen, wie Nebel von Dir ab.

Theodor Fontane brachte es auf den Punkt, mit diesen lächelnden Worten. Franz von Assisi und Goethe empfanden genauso. Ich auch. Und so zog ich 2018 wieder los, auf den Franziskusweg.

Der große Franziskusweg verläuft entlang des Apennins. Ich hatte mir den Weg vor einigen Jahren erwandert. Das Buch von Angela Seracchioli war mir wieder ein lieber Begleiter.

Hier blickt Franziskus vom Kloster Montecasale ins Land – und lädt ein zum Verweilen.

Zum Staunen, Schauen und Denken. Zur Ruhe kommen.

Buon Giorno. Ich freue mich, dass Sie gekommen sind, um mich zu begleiten. Buon Cammino.

Egal, wo man auf diesem Pilgerweg beginnt. Stets begegnet den Pilgernden der freundliche Franziskus.

Freundliche, hilfsbereite Menschen, die weiterhelfen, Gute Gespräche, Gutes Essen.

 

 

 

Es gibt nichts Schöneres unter der Sonne, als unter der Sonne zu sein“ sagte dazu Ingeborg Bachmann. Die selbst in Italien lebte.

Aber ………..wo beginnen?

 

 

 

 

 

Man ringt mit allerlei Problemen.

Zunächst, wo soll man Anlauf nehmen“?

Ringelnatz half mir mit diesen Worten auf die Sprünge.

Der „Panderer“ 2012.

 

 

 

 

 

 

Das Kloster „La Romita di Cesi“ hatte ich nie vergessen.

Es ist eine der Stationen auf dem Franziskusweg.

Ein schönes, ein stimmungsvolles, ein besonderes franziskanisches Kloster in Umbrien. Dort hatte Franziskus die erste Version seines Sonnengesangs verfasst.

Hier fühlte ich mich schon bei meiner ersten Pilgerreise aufgehoben. Und blieb spontan mehrere Tage…. in einer Gemeinschaft aus Pilger:innen und Unterstützer:innen von Bruder Bernardino Greco. Einem Franziskaner. 

 

 

 

 

 

 

Frate Bernardino 2013.

 

Linda.

Damals gab Frate Bernardino mir mir eine Aufgabe. Ich sollte einen zugelaufenen Hund ins Tierheim zu bringen.

La vita ti chiama“ sagte er damals zu mir. Das Leben ruft Dich. Ich pilgerte weiter und brachte die kranke Linda zum Tierarzt.

 

 

Im Juli 2018 rief ich endlich mal bei Bruder Bernardino an und fragte, ob ich wieder in seinem Kloster bleiben dürfte. Von dort aus wollte ich meine Touren machen. Und Fotografien nachholen. Ja, es ist möglich“. , sagte Bernardino. „Komm!“

Ein schönes Stück Umbrien erwartet uns – zwischen Assisi und der Stadt Terni. In der Mitte des Italienischen Stiefels gelegen.

Ankommen in Terni.

Über Nacht brachte mich der Zug nach Terni. Der Blick aus dem Zugfenster am Morgen zeigte mir: Es ist noch alles da. Die Sonne. Der blaue Himmel. Die Hügel. Die italienisch anmutende Landschaft.

Was fehlt uns? Ich hörte den Psychologen Dr. Peter Dogs in „Eins zu Eins der Talk“ sagen: Die Zufriedenheit und die Fähigkeit, beim Zugfahren aus dem Fenster zu schauen.“

Der Link zum Podcast „Eins zu Eins der Talk“ ist nicht mehr zur Verfügung. Ein aktuelles Interview mit Dr. Dogs zum Thema „Resilienz“:

Terni Busbahnhof: Un Cappuccino per favore.

 

 

 

La Romita di Cesi

Cesi am Berg Eolo. Hier fährt der Bus durch bis zur Station Richtung „Romita“.

Von Terni aus ging es mit dem Bus No.16 um 12 Uhr 10, in den kleinen Ort Cesi am Berg Eolo. Dieser Bus fährt nur 3 x am Tag.

Die Busgemeinschaft informierte den Busfahrer Fabio über das aktuelle Geschehen rund um Terni. Und über einen unzuverlässigen Verlobten, un fidanzato inaffidabile. Ich war glücklich. In der „piccolo mondo“. Ich fühlte mich wie bei Don Camillo und Peppone. Hörte und sah‘ Italien.

 

 

Nach einer langen Zugfahrt von Deutschland kommend war ich mitten im italienischen Leben angekommen. Fabio hielt nur meinethalben an dieser Haltestelle. Scusi, voglio fare una foto del Bus.“

Fabio wartete. Der Aufstieg von Cesi hoch zur Romita begann in der Mittagshitze.

Beginnen wir mit dem Pilgern. Auf diesem Weg. Die Sonne lacht. Es geht mühsam aufwärts.

Süße Früchte gab es, Gott sei Dank – an denen ich mich immer wieder laben konnte.

Zwei Gedanken trösteten mich:

Wenn wir bei uns ankommen wollen, müssen wir langsam sein. Oliver Tietze Deutscher Chemiker, Aphoristiker, Lyriker. www.original-leitspruch-kalender.com.

 

Wir müssen langsam reisen.

Damit die Seele Schritt halten kann.

Die Seele geht zu Fuß. Dr. Peter Dogs.

Und da. Ein erstes Zeichen. Ich bin auf dem rechten Weg. Vogelgezwitscher erfreute mein Herz. 

Endlich. Der weite Blick auf Umbrien. Gegliederte Felder. Keine ausgeräumte Landschaft.

Und kurz danach…

Angekommen.

Es ist die Stunde der Siesta. 15 Uhr. Bussa e ti sara aperto. Klopf an, und dir wird aufgetan. Aber nicht einmal die Hunde hoben ihre Köpfe. Offensichtlich erkannten sie mich noch, und das nach 5 Jahren. Ansonsten wird jeder Ankommende laut bellend gemeldet.

Nur Caterina empfing mich, trotz Siesta. Die Pilgerin half Bruder Bernardino. Sie hatte ihren Job als Filialleiterin einer Bank in Thüringen aufgegeben. Sie pilgerte auf den Spuren von Hildegard von Bingen. Auf dem Franziskusweg begegnete sie der Romita.

Sie führte mich in meine Zelle.

Willkommen.

Angekommen.

Aufgenommen.

Jede Mittagsruhe geht zu Ende. Ich wurde von Bruder Bernardino begrüßt. Komm‘ erst mal an, Paola“. Sagte er. „Lies etwas. Und geh‘ zum Belvedere.“ Es war die erste kontemplative Aufgabe, die ich von ihm bekam.

Photo: Jens Hoffmann.

Von dort sieht man – von dort sah‘ Franziskus, halb Umbrien. Und wieder erfreute diese kleinteilige Landschaft mein Herz.

La Romita weiße Insel im Grün der Wälder“.

Photo: Jens Hoffmann.

Ein Franziskanisches Kloster von außergewöhnlicher Schönheit.

Geborgen sein. Nach oben gezogen werden. Paola.

Photo: La Romita di Cesi.

Die schlichte Architektur.

Gott liebte die Menschen. Deshalb stellte er ihnen die Sonne vor das Haus. Franziskus.

Mauern aus Natursteinen. Steingewordene Harmonie. Eine Wohltat für die Augen.

Der Glockenturm, der sich einsam in den Himmel hebt.

In der Mitte die majestätische Libanonzeder.

 

Das Belvedere mit der wunderbaren Aussicht ins weite Umbrien.

All‘ dies macht La Romita zu einem Juwel unter den alten franziskanischen Klöstern in den Bergen Umbriens.

Auf dem Gelände des Klosters hatten die Benediktiner 500 nach Christus aus römischen Ruinen eine kleine Kapelle gebaut. 700 Jahre später sah‘ Franziskus von dem Dorf Sangemini aus ….nur noch Ruinen. Neugierig geworden stieg er hoch. Das war im Jahr 1213.

Und er fand die verfallene Benediktiner Kapelle.

Historische Photos: Paolo Rossi Facebook.

Franziskus hat 1213 mit einem Mitbruder die Kapelle wieder aufgebaut.

Photos: Paolo Rossi Facebook.

Leben zog ein.

Photo: Paolo Rossi Facebook.

1861 war Säkularisation in Italien. Der neue Nationalstaat enteignete Kirchen und Klöster. Und somit auch die Romita.

Dann kam eine lange Zeit der Dunkelheit und Verlassenheit. So war es 130 Jahre lang still geworden in der Romita. Poi nel 1991 „Sono venuto io – da kam ich.“ Erzählte Bruder Bernardino.

Photo: Paolo Rossi Facebook.

Damals begann Bruder Bernardino, auf Italienisch Frate, Frate ohne r, mit einer Schar von Freund:innen die verfallene Einsiedelei wieder aufzubauen.

 

Franziskus in der Romita

1213 – 2013: 800 Jahre Romita.

Überall, wo Franziskus gewesen ist, hat er Spuren hinterlassen.

Wiederaufgebaute Kirchlein, Gärten,

 

 

 

 

 

 

 

 

Orte der Gemeinschaft.

Klöster.

Und deshalb gibt es heute auch den Franziskusweg.

Franziskus war ein aufmerksamer und gefühlvoller Mensch. Er baute persönliche Beziehungen auf. Zu Menschen, zu Orten, zu Dingen. Und zu Tieren.

Der Welttierschutztag ist am 4. Oktober. Der Tag des Franz von Assisi. An diesem Tag wurde der tote Franziskus nach Assisi zurück getragen.

 

 

 

Was das Verhältnis Glaube und Natur angeht, benannte Franziskus bereits im 13. Jahrhundert viele Zusammenhänge, hellsichtig.

Obwohl er kleine und verlassene Häuser Gottes wiederaufgebaut hatte, betete er vor allem in der freien Natur.

Seit Franziskus in den Wäldern lebte, schätzte er die Natur als von Gott gegeben, „als unseren Bruder und unsere Schwester, die auch wieder zu Gott führen“. Von der Romita führt ein Weg zum Belvedere. Diesen Weg ging Franziskus oft.

Dort ist die Höhle, wo Franziskus auch gebetet hat. Und meditiert.

Franziskus liebte die Natur und grenzte sich auch damit von der Gesellschaft und von den damals existierenden Armutsbewegungen, wie den Katharern ab. Die Benediktiner rodeten Wälder. Um Holz zu verkaufen.

Franziskus hingegen verbot seinen Brüdern, Bäume zu schlagen.

Man sollte den Bäumen nur so viel nehmen, um Feuer zu machen. Um sich daran zu wärmen. 

Sein Sonnengesang ist ein Gegenstück zum Desinteresse an der Natur der damaligen Theologen.

Und ein frühes und bedeutendes Beispiel Italienischer Dichtkunst.

 

In dieser Höhle meditierte und betete Franziskus.

Die Natur war für Franziskus ein Geschenk Gottes, das unser Leben erst ermöglicht.

Gelobt seist Du mein Herr, durch unsere Schwester Erde, die uns erhält und lenkt, und vielfältige Früchte hervorbringt. Und bunte Blumen und Kräuter. Franziskus Sonnengesang.

Die Romita ist ein Ort, an dem man den Sonnengesang  von Franziskus so richtig nachempfinden kann.

Die Energie der Sonne

Die fruchtbaren Gärten,

Die Vielfalt und Fülle all dessen,

Was wächst und gedeiht.

 

Wasser ist kostbar und kommt nicht aus der Leitung.

Schönheit dafür gibt es im Überfluss. Die Schönheit des Mondes. 
An diesem besonderen Ort erlebte ich die längste Mondfinsternis des 21. Jahrhunderts 

Solch‘ stimmungsvolle Sonnenuntergänge wurden mir am Belvedere geschenkt.

Photo: Jens Hoffmann.

Zur Zeit von Franziskus war die Romita eine Insel der Kultur und Zivilisation inmitten von Urwäldern mit wilden Tieren.

Die Romita war eine wichtige Station auf dem Weg von Franziskus zu seinem Naturverständnis.

 

 

 

 

Franziskaner aus Salzburg kamen einige Tage nach mir auf der Romita an. Sie waren zu Fuß von Rom gekommen. Eine nette lebendige Gruppe. Sie waren so dankbar, dass wir mit dem Abendessen auf sie gewartet hatten. Mit dem Pilgerbuch aus dem Rother-Verlag waren sie auf „Abwege“ geraten. Nur Bruder Pascal pilgerte in Mönchskleidung. Ich durfte ihn sogar fotografieren.

Franziskus tauschte seine Kleidung gegen eine einfache Kutte ein. Seine Hosen behielt her. Denn er wollte ja zu den Armen, den Bauern kommen. Und musste dafür unwirtliche Straßen überqueren.

Gut drauf. Bruder Pascal, Salzburg.

 

Der Franziskanische Lebenstil

Frate Bernardino weckte uns um 6 Uhr mit immer dem gleichen Weckruf.

Buon Giorno, Buon Giorno, Buon Giooornoooo.

Wir sind schon reich, bevor wir anfangen, etwas zu verdienen. Die Sonne ist schon da und lacht uns an.“ Frate Bernardino

Klang es durch den langen Gang. Dieser musikalische Morgengruß erinnerte mich immer wieder an das freundliche Wesen von Franziskus.

Um 6:30 Uhr traf man sich zur Andacht in der Kirche.  

Die Kirche, 14. Jahrhundert. Ein Werk der Benediktiner.

Die Hunde lagen Frate Bernardino während der Andachten zu Füßen. Und ich dachte für mich. Jetzt sehe ich doch tatsächlich noch Franziskus vor mir. Mit seinen Mitgeschöpfen.

 

Franziskus betete vor 805 Jahren in dieser kleinen Benediktiner Kapelle. Auf der Romita.

Die Seitenkapellen in den Klöstern zeigten: der einzelne Mensch ist wichtig.

Diese kleine Benediktiner-Kapelle auf der Romita erinnerte mich an die Einsiedelei von Cerbaiolo. Einer Station auf dem Franziskusweg.

Wo das Schweigen wohnt, lebt das Gebet, brennt Liebe, herrscht Friede. Inschrift der Einsiedelei von Cerbaiolo.

Die kleine Benediktinerkapelle auf der Romita von außen.

 

Mein Tagebuch war immer dabei.

 

 

„Die ersten 90 Minuten des Tages gehören dem benessere della vita – dem Gutsein dem Körper und der Seele gegenüber“. Das habe ich von meinen Tagen im Kloster mitgebracht. Und versuche es, in meinen Alltag einzubauen.

Das Frühstück um 07 Uhr wurde schweigend eingenommen.

Il silenzio è un esercizio di attenzione al momento presente.

Die Stille ist eine Übung der Aufmerksamkeit gegenüber diesem Augenblick. Frate Bernardino.

Diese Morgenweisheiten führen mich in Gedanken immer wieder zurück in die Romita. Vormittags waren 4 Stunden der Arbeit gewidmet. Die Benediktiner hatten Gemüsebeete. Der Garten erinnert sich noch heute daran. Die Kostbarkeiten aus dem Garten mussten geschützt werden. Zwei Abiturienten aus Freiburg, ein Vater und seine zwei Kinder aus Berlin und ich, wir bauten einen Zaun gegen sonstige Gartenliebhaber: die Wildschweine.

 

Auch ich half mit. Wie es von allen erwartet wird, die in der Romita auf Zeit Unterschlupf finden.

Im Garten lernte ich das Wort „Seminar“ von einer anderen Seite kennen.

Seminare heißt „säen“. Ein Römer machte mich darauf aufmerksam.

Paola hat sich still – auf franziskanische Art – engagiert“, lobte mich Bernardino. Diese glänzende Küche ist eines meiner Werke.

Zum Mittagessen gab es oft Tomaten alla Caprese – aus dem Garten.

Christian Morgenstern saß mit uns am Tisch:

Erde, die uns dies gebracht. Sonne, die es reif gemacht. Liebe Sonne, Liebe Erde, Euer nie vergessen werde“. Christian Morgenstern.

Nach 5 Uhr Nachmittag gab es kleinere Arbeiten für uns zu erledigen.

Zum Beispiel Küchenarbeit.

Die Romita ist ein Ort der Stille, wo man von der Arbeit lebt, nicht für die Arbeit, und des Gebets. Am Abend erwartete uns jeden Tag die Abendandacht.

Zivilisation – ZuVIELisation.

Und danach Pace e Pasta unter der Zeder.

In diesem Paradiesplatz durften wir essen. Wohlige Wärme und Stille und Vogelgesang. Brachte uns, uns nahe.

Das ist aller Gastfreundschaft tiefster Sinn. Dass Einer dem Anderen Rast gebe, auf der großen Wanderschaft zum ewigen Zuhause. Romando Guardini.

Auch Romano Guardini war Teil unserer Gemeinschaft, mit seinen Worten.

Und von Frate Bernardino habe ich mit nach Hause genommen:

Sich Freuen und Danken ist eine Lebensaufgabe.

Gestärkt von einem Mittagsmahl wanderte einmal unsere Pilger-Gemeinschaft auf zum Torre Maggiore. Einst ein Kultort der Etrusker. Den sicher der wissbegierige Franziskus kannte.

Unter meinen Mitpilgern auf Zeit war Jens, ein Vater aus Berlin mit seinen Kindern Mathilda und Neil. Die Kinder sprechen perfekt Englisch. Zur Jause gab ich einmal Mathilda einen Apfel mit den Worten:

Ein Apfel am Tag, wer den Doktor nicht mag.“ One apple a day, keeps the doctor away“. Mathilda erwiderte: One garlic a day, keeps everyone away“. Eine Knoblauch-Kralle, verscheucht sie alle.

Beim Aufstieg zum Torre Maggiore erzählte mir Jens, dass er als Polizist einst Angela Merkel beschützt habe. Jens half 1991 beim Aufbau der Romita. Und dabei waren bei unserem Ausflug die Abiturienten. Linus und Yannis. Im Mai pilgerten sie von Freiburg zu Fuß, durch die Schweiz, Richtung Rom. Und, kurz vor Rom, ließen sie sich vom Zauber der Romita einfangen. Sie blieben. Um Bruder Bernardino mit ihrer jugendlichen Kraft zu helfen.

Wähle Dir einen Reisebegleiter, und dann erst den Weg“. Sprichwort aus Arabien. Original-Leitspruch-Kalender.com

Photo: Jens Hoffmann.

In einer anderen Mittagspause wanderte ich einmal – durch diesen Hohlweg –

hinunter zu der römischen Stadt Carsulae. Carsulae liegt wie die Romita an der Via Flaminia.

Die Via Flaminia verbindet Rom seit der Antike mit der Adriaküste.

 

Bereits der junge Franziskus gelangte, mit seinen Eltern, auf dieser Straße nach Rom. Ab dem 13. Jahrhundert gewann die Via Flaminia eine besondere Bedeutung.

Die Gläubigen, die auf dem Weg nach Rom waren, wollten jetzt auch nach Assisi . Zu Franziskus.

Die Kirche Cosma e Damiano mit römischen Fresken dürfte Franziskus auch schon gekannt haben.

Cosma e Damiano stammt aus dem XI Jahrhundert. Wer heute dort heiraten will, bezahlt 500 Euro.

 

 

 

 

 

 

Vor der Morgenandacht wollte ich einmal zum großen Belvedere gehen.

Wie einst Franziskus.

Die Hunde begleiteten mich. Durften die das überhaupt?

Zusammen sahen wir die Romita von oben.

Und im Morgenlicht besonders schön den Brunnen. Erbaut von den Benediktinern.

Frate Bernardino was not amused – als wir zurückkamen. Er hatte sich Sorgen um die Hunde gemacht. Weil die weg waren.

Es stellte sich heraus: Seine treuen Begleiter hatten ein Loch im Gartenzaun gefunden, um den illegalen Ausflug mit mir unternehmen können.

Am nächsten Tag stopften die Freiburger Abiturienten Yannis und Linus das Loch im Zaun.

Auffällig war, dass mich die Hunde nach diesem Ausflug immer wieder begleiteten. So, als ob sie mich in ihr Rudel aufgenommen hätten.

Die Romita heute. Alles im Leben ist Begegnung.

Die Glocke

läutete bereits zur Abendandacht, als ich in der Romita eintraf.   

Ich war spät dran, weil der Bus nach Cesi Umwege fahren musste. Ich wurde wieder von Fabio chauffiert. Er erzählte, dass man in Terni wieder eine Bombe aus dem II. Weltkrieg entschärft hatte.

Alles im Leben ist Begegnung. Romano Guardini.

Pilger:innen auf der Romita. Die beiden jungen Männer pilgerten von Freiburg nach Rom. In der Romita blieben sie und halfen Frate Bernardino.

Am Wochenende meiner Rückkehr in die Romita besuchten uns 20 Pilger aus Italien. Es waren Jugendliche in Schwierigkeiten – Giovani in difficoltà – mit ihren Betreuern. Die jungen Männer pilgerten von Süditalien kommend– auf den Spuren des Menschenfreundes Franziskus.

Wir wurden schnell eine Gemeinschaft. Die Männer kochten für uns.

Eine Pilgerin fragte den Chef-Koch. „Kann ich Dir trauen, Luigi, und die Lasagne ist wirklich ohne Fleisch“?

Die Antwort von Luigi: Ja. „Im Leben kann man mir nicht so trauen – in der Küche schon – nella cucina si“.

Biografisch belegt ist, dass Franziskus trotz seiner Liebe für die Tiere oft Fleisch gegessen hat.

Einfach, weil er und seine Mitbrüder als Bettler nehmen mussten, was ihnen angeboten wurde. Radiobeitrag

Wir sangen in der Abendandacht das Lied von San Damiano. An der Orgel: Frate Bernardino. Das Lied wird uns begleiten durch Szenen einer Gemeinschaft auf Zeit. Das Lied passte zu uns allen.

 

„Klarer Kopf, warmes Herz und rege Hände“. So begrüßte uns Frate Bernardino zur Abendandacht. 

Wenn Du leicht reist, senza niente, kommst Du am Ende auch ans Ziel“. Das Lied von San Damiano.

Und die einfachen Freuden sind die Schönsten.  Und am Ende auch die Größten. Das Lied von San Damiano.

 

 

 

 

 

 

 

 

Nella vita semplice troverai la strada. Wenn Du es verstehst,
einfach zu leben, kann Dir das Leben so viel geben.  Das Lied von San Damiano.

 

„Wenn Du jeden Tag
einen Stein nach dem anderen gehst, wirst Du ankommen.“

Das Lied von San Damiano.

Frate Bernardino verabschiedet sich von den Jugendlichen.

 

Impressionen einer besonderen Begegnung:

Es ist doch erstaunlich, was ein einziger Sonnenstrahl mit der Seele des Menschen machen kann. Dostojewski. Russischer Dichter.

Frate Bernardino bereitet Fiori di Zucca zu – Zucchini-Blüten.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Achtsamkeit kann uns dabei helfen, wieder zu kommunizieren, vor allem mit uns selbst“. Thich Nhat Hanh 11.10.1926 Buddhistischer Mönch aus Vietnam.

Fiori di Zucca.

„Fünf sind geladen.
Zehn sind gekommen.
Gib Brot zur Lasagne.
Heiß alle willkommen. “  

Colori, Profumi, Sapori.  Farben, Gewürze, Düfte.

Franziskus sagte, der Mensch hat eine Seele, die gefüttert werden will.

Im Film von Roberto Rosselini „Franziskus der Gaukler“ wird deutlich:  Franziskus sorgte dafür, dass es seinen Gefährten nicht langweilig wurde. Wir feierten und sahen auf der Romita die lange Mondfinsternis.

Am 25. Juli sahen wir ein Natur-Feuerwerk. Una sorpresa für die Jugendlichen in Schwierigkeiten, die uns besuchten. Frate Bernardino und Yannis aus Freiburg brachten trockenes Laub zum Glimmen.

Yannis erzählte später, dass er schon als kleiner Junge mit den Eltern auf der Romita so ein Feuerwerk erlebt hatte. Frate Bernardino wollte damals auch den kleinen Gästen auf der Romita eine Freude machen. Bernardino und Yannis machten es aus trockenen Zweigen und Blättern.

„Gelobt seist Du mein Herr, durch Bruder Feuer,
durch das du die Nacht erleuchtest, und schön ist es und fröhlich und kraftvoll und stark“. Franziskus.

Am Sonntag nach dem Frühstück verabschiedeten sich die Jugendlichen. Frate Bernardino begleitete sie bis zum Tor.

„Jeder Heilige hat eine Vergangenheit.  Und jeder Sünder eine Zukunft.“ Oskar Wilde.

Franziskus & der Wolf in Gubbio.

Der www.original-leitspruch-kalender.de zitierte Oscar Wilde, geboren am 16.10.1854 in Dublin,  am 26. Juni, anlässlich des Internationalen Tages gegen Drogenmissbrauch.

 

Wir waren wieder eine kleine Gemeinschaft. Yannis und Linus hatten ihre ersehnte Zulassung zum Physikstudium bekommen. Der Weg nach Heidelberg war frei.

Wir feierten auf der Romita.

„In einer Gesellschaft von drei Menschen kann ich immer einen finden, der mein Lehrer sein könnte.“ Konfuzius.

Und ich legte mich in den Garten und schlief bis zur Abendandacht. Und dachte an ein Gedicht über Irdisches Glück, das ein Zeitgenosse von Sebastian Kneipp schrieb:

Irdisches Glück.

So mancher sieht mit finst’rer Miene
Die weite Welt sich grollend an,
Des Lebens wunderbare Bühne
Liegt ihm vergebens aufgetan.
Da weiß ich besser mich zu nehmen,
Und fern, der Freude mich zu schämen,
Genieß‘ ich froh den Augenblick:
Und das ist Brüder doch ein Glück, und das ist Schwestern doch ein Glück.  Johann Gabriel Seidl.

 

Franziskus lebte in Umbrien

Wir, die kleine Gruppe der Romita, gingen den Franziskusweg in Gedanken nochmal zurück. Wir erinnerten uns an Assisi.  Franziskus liebte Assisi. Auch als er ein Wanderleben führte, kehrte er immer wieder in seine Geburtsstadt zurück.

Die Kirche hat Franziskus, der eine Kirche ohne Grundbesitz wollte, eine monumentale Basilika errichtet. Gott sei Dank hat die Basilika das Erdbeben von 1996 einigermaßen überlebt.

Allein die Fresken von Giotto waren es wert gewesen, die Pilgerreise zu machen. Das hatte mir der „Panderer“ bei meiner ersten Pilgerreise gesagt.

Aber im Winter ist alles ganz anders, in Umbrien. Erfuhren wir von Frate Bernardino. Die Natur lädt uns jedes Jahr ein, im Herbst und Winter die Geschwindigkeit zu verlangsamen. Die Schritte bedächtig und bewusst zu setzen. Zur Ruhe zu kommen.

Santa Chiara.

Franziskus ist auch noch nach so vielen Jahren unvergessen. Obwohl er kein Staatenlenker, Politiker oder ein Kaiser war.

Die Erinnerung an Assisi ist schön.

In Assisi kann man auch heute noch immer wieder einem Franziskus begegnen.

Es sind die Überraschungen, die das Leben immer wieder spannend machen“. Frate Bernardino.

Rosa Luxemburg wurde 1919 ermordet. Für Prof. Volker Caysa steht sie in Tradition einer Franziskanischen Linken. „Franz von Assisi gliederte bekanntlich die von der christlichen Gesellschaft Ausgestoßenen in diese ein und humanisierte sie dadurch“. (Linke-Sachsen.de).

So ist das Leben, und so muss man es nehmen, tapfer, unverzagt und lächelnd – trotz alledem“. Rosa Luxemburg.

Franziskus sprach in seinen Predigten gerne in Bildern. Auch Bernardino tut es: Wenn wir keine Anerkennung von den Anderen erfahren, müssen wir sie uns aus der Natur holen. So können wir existieren – e basta.“

Der rührige Franziskaner Bernardino hat den alten Bauernhof San Masseo bei Assisi vor 30 Jahren aufgebaut. Zu einer Stätte der Begegnung.

Man kann die Bibel besser durch die Natur verstehen. „Meine Seele dürstet nach Dir“. Der Psalm 139 ist ein Trost für dunkle Stunden. Frate Bernardino.

Wir Pilger*innen erinnerten uns an Gubbio. Dort wo Franziskus mit dem Wolf sprach. Und den Wolf umarmte. Der Hai-Kuschel-Tag Anfang Dezember knüpft an diese Umarmungsszene an.

Gubbio. Zuerst begrüßen die römischen Ruinen.

Franziskus und der Wolf in Gubbio.

 

Schönes, ernstes Gubbio.

 

 

 

 

 

 

 

DDer Sentiero Francescano della Pace erinnert an die Flucht des jungen Francesco aus Assisi. Auch daran, dass Franziskus sich 1219 zwar dem V. Kreuzzug anschloss – aber um Frieden zu stiften. 2019 war darum wieder ein Franziskus im Morgenland.

Er verlangte von seinen Mitbrüder Respekt vor den Andersgläubigen. Sie sollten unter die Muslime gehen und durch ihr Leben bezeugen, dass sie Christen sind….und im Bedarfsfall verkünden. Radiobeitrag.

Das Gehen auf diesen Friedens-Wegen hilft. Man kommt immer wieder in Kontakt mit den franziskanischen Weisheiten. Entlang dieser Schönheiten wurde mir ganz besonders bewusst. Wie sehr Lärm Leere erzeugt, und Leere erzeugt Einsamkeit. Es ist schön gewesen. Auf dem Franziskusweg.

Weil ich so gerne auf der Romita geblieben war, war die Zeit zu kurz geworden, noch mehr magische Orte in Umbrien zu entdecken. Aber ich werde dorthin zurückkehren. Zu den franziskanischen „Hütten“ in Rivotorto. Dort lebte Franziskus für einige Zeit.

 

Vergiss mir die Armen nicht“.

Die Skulptur erinnert an die Begegnung von Franziskus mit den Ausgestoßenen, den Aussätzigen. Sie machten aus dem Sohn eines Tuchhändlers den Sozial-Revolutionär.

Bild:

 

Zum Kloster Vallingegno an dem Franziskus zurückgewiesen wurde, weil er nicht erkannt worden war, und trotzdem nicht verbitterte.

Das Kloster zur perfekten Freude. Bild: 

An den Trasimenischen See, an dem sich Franziskus ausgeruht hatte. Nachdem er aus Rom geflohen war. Geschichte.

Bild: Pixabay.

Nach Perugia. Dort rief er zum sozialen Frieden auf.

Und natürlich immer wieder Rom. Schön, dass mein Heimweg über Rom führte.

Deutlicher als in jedem dieser Orte spürst Du in Rom, dass etwas vom Pilger in jedem von uns steckt. Und jedem Pilger ist die Heimkehr beschieden.“ Dann mach Dich auf den Weg.

Es ist nicht wichtig, woher Du kommst. Es ist wichtig, wohin Du gehst. Ernst Wilhelm Heine.

                                     Romita Ci vediamo

Dieser Blog ist Dr. Judith Metzger gewidmet. Ich begegnete Judith im Juli 2013 auf der Romita. Am 29. Juli 2019 während der Abendmesse auf der Romita, informierte uns Bernardino, dass Judith an diesem Tag auf dem Weg nach Griechenland gestorben ist. Judith war eine Anhängerin von Nikolaus von der Flüe. Am 8. September 2019 habe ich mich von Judith in Sachseln verabschiedet und mich für ihren Satz bedankt, den sie mir im Sommer 2013 schenkte:

  Es gibt kein Scheitern.

Wir sind alle auf dem Weg.

Dr. Judith Metzger 21. 3.1963 – 29.7.2018

 

 

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