Frate Bernardino weckte uns um 6 Uhr mit immer dem gleichen Weckruf.

Buon Giorno, Buon Giorno, Buon Giooornoooo.

Wir sind schon reich, bevor wir anfangen, etwas zu verdienen. Die Sonne ist schon da und lacht uns an.“ Frate Bernardino

Klang es durch den langen Gang. Dieser musikalische Morgengruß erinnerte mich immer wieder an das freundliche Wesen von Franziskus.

Um 6:30 Uhr traf man sich zur Andacht in der Kirche.  

Die Kirche, 14. Jahrhundert. Ein Werk der Benediktiner.

Die Hunde lagen Frate Bernardino während der Andachten zu Füßen. Und ich dachte für mich. Jetzt sehe ich doch tatsächlich noch Franziskus vor mir. Mit seinen Mitgeschöpfen.

 

Franziskus betete vor 805 Jahren in dieser kleinen Benediktiner Kapelle. Auf der Romita.

Die Seitenkapellen in den Klöstern zeigten: der einzelne Mensch ist wichtig.

Diese kleine Benediktiner-Kapelle auf der Romita erinnerte mich an die Einsiedelei von Cerbaiolo. Einer Station auf dem Franziskusweg.

Wo das Schweigen wohnt, lebt das Gebet, brennt Liebe, herrscht Friede. Inschrift der Einsiedelei von Cerbaiolo.

Die kleine Benediktinerkapelle auf der Romita von außen.

 

Mein Tagebuch war immer dabei.

 

 

„Die ersten 90 Minuten des Tages gehören dem benessere della vita – dem Gutsein dem Körper und der Seele gegenüber“. Das habe ich von meinen Tagen im Kloster mitgebracht. Und versuche es, in meinen Alltag einzubauen.

Das Frühstück um 07 Uhr wurde schweigend eingenommen.

Il silenzio è un esercizio di attenzione al momento presente.

Die Stille ist eine Übung der Aufmerksamkeit gegenüber diesem Augenblick. Frate Bernardino.

Diese Morgenweisheiten führen mich in Gedanken immer wieder zurück in die Romita. Vormittags waren 4 Stunden der Arbeit gewidmet. Die Benediktiner hatten Gemüsebeete. Der Garten erinnert sich noch heute daran. Die Kostbarkeiten aus dem Garten mussten geschützt werden. Zwei Abiturienten aus Freiburg, ein Vater und seine zwei Kinder aus Berlin und ich, wir bauten einen Zaun gegen sonstige Gartenliebhaber: die Wildschweine.

 

Auch ich half mit. Wie es von allen erwartet wird, die in der Romita auf Zeit Unterschlupf finden.

Im Garten lernte ich das Wort „Seminar“ von einer anderen Seite kennen.

Seminare heißt „säen“. Ein Römer machte mich darauf aufmerksam.

Paola hat sich still – auf franziskanische Art – engagiert“, lobte mich Bernardino. Diese glänzende Küche ist eines meiner Werke.

Zum Mittagessen gab es oft Tomaten alla Caprese – aus dem Garten.

Christian Morgenstern saß mit uns am Tisch:

Erde, die uns dies gebracht. Sonne, die es reif gemacht. Liebe Sonne, Liebe Erde, Euer nie vergessen werde“. Christian Morgenstern.

Nach 5 Uhr Nachmittag gab es kleinere Arbeiten für uns zu erledigen.

Zum Beispiel Küchenarbeit.

Die Romita ist ein Ort der Stille, wo man von der Arbeit lebt, nicht für die Arbeit, und des Gebets. Am Abend erwartete uns jeden Tag die Abendandacht.

Zivilisation – ZuVIELisation.

Und danach Pace e Pasta unter der Zeder.

In diesem Paradiesplatz durften wir essen. Wohlige Wärme und Stille und Vogelgesang. Brachte uns, uns nahe.

Das ist aller Gastfreundschaft tiefster Sinn. Dass Einer dem Anderen Rast gebe, auf der großen Wanderschaft zum ewigen Zuhause. Romando Guardini.

Auch Romano Guardini war Teil unserer Gemeinschaft, mit seinen Worten.

Und von Frate Bernardino habe ich mit nach Hause genommen:

Sich Freuen und Danken ist eine Lebensaufgabe.

Gestärkt von einem Mittagsmahl wanderte einmal unsere Pilger-Gemeinschaft auf zum Torre Maggiore. Einst ein Kultort der Etrusker. Den sicher der wissbegierige Franziskus kannte.

Unter meinen Mitpilgern auf Zeit war Jens, ein Vater aus Berlin mit seinen Kindern Mathilda und Neil. Die Kinder sprechen perfekt Englisch. Zur Jause gab ich einmal Mathilda einen Apfel mit den Worten:

Ein Apfel am Tag, wer den Doktor nicht mag.“ One apple a day, keeps the doctor away“. Mathilda erwiderte: One garlic a day, keeps everyone away“. Eine Knoblauch-Kralle, verscheucht sie alle.

Beim Aufstieg zum Torre Maggiore erzählte mir Jens, dass er als Polizist einst Angela Merkel beschützt habe. Jens half 1991 beim Aufbau der Romita. Und dabei waren bei unserem Ausflug die Abiturienten. Linus und Yannis. Im Mai pilgerten sie von Freiburg zu Fuß, durch die Schweiz, Richtung Rom. Und, kurz vor Rom, ließen sie sich vom Zauber der Romita einfangen. Sie blieben. Um Bruder Bernardino mit ihrer jugendlichen Kraft zu helfen.

Wähle Dir einen Reisebegleiter, und dann erst den Weg“. Sprichwort aus Arabien. Original-Leitspruch-Kalender.com

Photo: Jens Hoffmann.

In einer anderen Mittagspause wanderte ich einmal – durch diesen Hohlweg –

hinunter zu der römischen Stadt Carsulae. Carsulae liegt wie die Romita an der Via Flaminia.

Die Via Flaminia verbindet Rom seit der Antike mit der Adriaküste.

 

Bereits der junge Franziskus gelangte, mit seinen Eltern, auf dieser Straße nach Rom. Ab dem 13. Jahrhundert gewann die Via Flaminia eine besondere Bedeutung.

Die Gläubigen, die auf dem Weg nach Rom waren, wollten jetzt auch nach Assisi . Zu Franziskus.

Die Kirche Cosma e Damiano mit römischen Fresken dürfte Franziskus auch schon gekannt haben.

Cosma e Damiano stammt aus dem XI Jahrhundert. Wer heute dort heiraten will, bezahlt 500 Euro.

 

 

 

 

 

 

Vor der Morgenandacht wollte ich einmal zum großen Belvedere gehen.

Wie einst Franziskus.

Die Hunde begleiteten mich. Durften die das überhaupt?

Zusammen sahen wir die Romita von oben.

Und im Morgenlicht besonders schön den Brunnen. Erbaut von den Benediktinern.

Frate Bernardino was not amused – als wir zurückkamen. Er hatte sich Sorgen um die Hunde gemacht. Weil die weg waren.

Es stellte sich heraus: Seine treuen Begleiter hatten ein Loch im Gartenzaun gefunden, um den illegalen Ausflug mit mir unternehmen können.

Am nächsten Tag stopften die Freiburger Abiturienten Yannis und Linus das Loch im Zaun.

Auffällig war, dass mich die Hunde nach diesem Ausflug immer wieder begleiteten. So, als ob sie mich in ihr Rudel aufgenommen hätten.