LA ROMITA IM FRÜHLING 2022.
In den Tagen, als mein Blog „Pilgern auf Italienisch fertig wird“ erfahre ich, dass der großartige Frate Bernardino gestorben ist. Frate Bernardino ist ein sehr wichtiger Mensch auf meinem Pilgerweg geworden. Durch sein franziskanisches Leben, seine Weisheit, seine guten Worte, sein „Pasta e Pace“. Die Romita und Frate Bernardino werden mich ein Leben lang begleiten. Seine Ideen, seine Liebe zur Welt, zu den Menschen, zur Natur, zu Franziskus werden auf und mit der Romita weiterleben. Seine Nachfolger:innen schrieben wunderbare, tröstende Worte auf der Facebookseite der Romita. Die Romita und Frate Bernardinos Ideen werden weiterleben.
Der Blog beginnt mit dem Brief „La Romita im Frühling 2021“, den Frate Bernardino an uns Pilger:innen sandte.
LA ROMITA IM FRÜHLING 2021
„Meine Seele, warum bist du betrübt und bist so unruhig in mir?
Harre auf Gott; denn ich werde ihm noch danken, meinem Gott
und Retter, auf den ich schaue“ (Psalm 42,12)
Mit dem Psalm 42, 12 hat Frater Bernardino seinen berührenden Brief an uns Pilger:innen zu Ostern begonnen.
„An die Freunde und Freundinnen der Romita
DER SINN DES LEBENS: STAUNEN UND DANKEN
Dass es mich noch gibt, betrachte ich als ein Wunder. Es ist nicht selbstverständlich. Viele von meinen Freunden und Bekannten, die sogar jünger waren als ich, sind nicht mehr. Warum bin ich noch da und andere nicht mehr? Es ist ein Rätsel. Wir, die wir noch leben, sind eigentlich dem Nichts entronnen. Uns hätte es auch nicht geben können. Vor 100 Jahren gab es uns nicht und niemand hat vorausgesagt, dass es uns eines Tages geben würde. Wir alle sind also am Nichts knapp vorbei: privilegiert, zum Leben berufen. Dass wir sterben ist normal, dass wir leben ist ein Wunder.“
Mit seinem Frühlingsbrief 2021 FRÜHLING 2021-2 erzählt Frater Bernardino von seinem Leben vor der Romita und mit der Romita – und er thematisiert auch die Corona-Pandemie.
Das Coronavirus, das uns seit einem Jahr zu schaffen gibt, ist ein Warnzeichen von der Natur an uns. Sie beschwert und wehrt sich gegen unseren Wahn von einem unbegrenzten Wachstum. Werden wir den Schrei von Mutter Erde überhören und weiterhin ausbeuterisch und selbstzerstörerisch mit ihr umgehen? Oder ehrfurchtsvoll, achtsam und sanft? Werden wir endlich begreifen, dass der Ausweg aus der Pandemie nicht der Impfstoff sein kann, sondern ein radikales Umdenken und Umschwenken, in dem wir unsere Mit-Welt sorge- und liebevoll behandeln und unser Immunsystem stärken?
Pilgern auf der Romita 2019
Gott sei Dank gab ich im Herbst 2019 meiner Sehnsucht nach der Romita nach und kaufte spontan ein Ticket nach Italien.
Voglio svegliare l’aurora.
Ich möchte die Morgendämmerung wecken.
Und wieder begegnete ich auf dem Franziskuspilger:innenweg Menschen, die ich nie mehr vergessen werde.
Just am Tag meiner Abreise gab es in Bayern 2 Tagesgespräch die Frage: Wie kann sich die Kirche erneuern? Ich rief Bayern 2 an, kam dran und sagte: Ich habe die Kirche für mich selbst erneuert, in dem ich zu pilgern anfing. Und auf dem Pilger:innenweg begegnete ich einfach faszinierenden Menschen. Es ist wert, in der Katholischen Kirche zu bleiben.
Ich hatte von Anfang an Glück mit dieser „Pilger:innenreise auf Italienisch“. Ein Freund brachte mich zum Hauptbahnhof München, am 23.9.2019. Die Reisekameraden im Zugabteil kamen aus Ohio und New York. Der New Yorker stellte sich vor; so stellte ich mich höflicherweise auch vor und trat aus meiner Distanz heraus. Dann kamen ins Abteil zwei junge Oktoberfestbesucher, Alex und sein Freund aus Ohio. Eine nette Reisegesellschaft.
New York fragte Ohio: What is your goal in life? Der Physiotherapist aus Ohio sagte: I want to help people. I give them a nudge. Lots of depression could be avoided if people did some exercise.
Die drei Männer hatten Berlin entdeckt, dann München und waren auf dem Weg nach Florenz und dann nach Rom. „We are heavy catholics“, sagten sie. „We heard that there is a special energy in Rome“.
Ich erzählte, dass ich in Rom einmal eine Deutsche Nonne traf, die in Rom im Kloster der Pallottinerinnen lebt und jeden Tag zum Petersdom geht. Sie sagte damals: „Die Menschen gehen glücklicher aussehend vom Petersplatz als wie sie gekommen sind.“
Diese Orte waren mir schon vertraut, Orvieto und Orte, auf dem Weg zur Romita.
In Terni aß ich glücklich zwei Panini verdure und wartete auf den Bus nach Cesi um 12 Uhr 10. Die Ticketverkäufer am Busbahnhof (der sich ein Stück hinter dem Bahnhof von Terni befindet) kennen die Romita. So bekam ich die richtigen Tickets und den aktuellen Fahrplan.
Ich freute mich auf die Romita, hatte keine Erwartung, sondern wollte einfach nur in Bewegung sein. Das Vertraute neu entdecken.
Jede lange Reise beginnt mit einem kleinen Schritt.
Auf dem Weg zur Romita hatte ich mich doch tatsächlich verirrt. Ich war irgendwie auf die Strada forestale, die Forststraße geraten. An der Straße hielt ich zwei Radfahrer an. Sie konnten mir weiterhelfen.
Von der Forststraße aus sah‘ ich die weiße Fahne der Romita.
Eindrücke vom Aufstieg zur Romita 2019. Die kleinen Fahne oben gehört zur Romita.
Caterina führte mich gleich in meine Zelle. Alles war vertraut.
Angekommen.
Eine Pilgerin war schon da. Traude Wild pilgert durch die Welt und schreibt darüber den Blog über Traudes Pilger:innenreise in Italien.
„Ich will dem Erlebten eine Form geben“, sagte Traude und gibt mir damit gleich eine Antwort an die Hand, warum ich meine Blogs schreibe.
Ich darf in der Küche mithelfen. Ho tagliato l’erba – ich pflücke Gewürze. Und ich lerne meine erste Vokabel: Patcha Matura – Mulch für den Garten, der langsam winterfest gemacht werden soll.
Ich gehe wieder durch Bilder einer Ausstellung.
Die Hunde sind freundlich zu uns.
„I cani potrebbero difendere la Romita”. Die Hunde könnten die Romita verteidigen.
Zur Romita hatten sich junge Italiener:innen gesellt. Die jungen Leute hatten von der Romita gehört und wollten Frater Bernardino und der Romita helfen. Es ergab sich wieder eine Pilger:innengemeinschaft.
Das waren meine ersten Aufgaben: Ich habe im Garten gearbeitet und den Tisch vorbereitet: Ho lavorato nell’orto e ho preparato la tavola. Gut, dass Du das machst, sagte Frater Bernardino. Ich freue mich über die freundlichen Worte.
Ich bin glücklich auf der Romita das wieder beleben zu können, was ich 2018 auf der Romita gelernt hatte: Die ersten dreißig Minuten des Tages gehören dem benessere della vita. Dem Gutsein dem Körper und der Seele gegenüber.
Frater Bernardino hatte in der Woche meiner Ankunft seine Familie in seinem Heimatort besucht – wir Pilger:innen waren unter uns und doch war Frate Bernardino (Frater auf italienisch Frate) präsent.
Wir sprachen am Abendtisch über das Pilgern, und darüber, dass wir möglicherweise nie irgendwo ankommen. Ist das wichtig? Traude erzählte ein Rilke-Gedicht, das eine Antwort anbietet. Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen.
Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen,
die sich über die Dinge ziehn.
Ich werde den letzten vielleicht nicht vollbringen,
aber versuchen will ich ihn.Ich kreise um Gott, um den uralten Turm,
und ich kreise jahrtausendelang;
und ich weiß noch nicht: bin ich ein Falke, ein Sturm
oder ein großer Gesang. Rainer Maria Rilke.
An einem Abend ergab sich ein Gespräch über „Der Weg zum ewigen Seelenfrieden“. Und wir reden ein wenig auch für das Franziskanische System. Wie überall gibt es auch hier Probleme. „Il sistema soffre di paura“. Wenn ein System unter Angst leidet, gibt es Ungerechtigkeiten und Probleme.
Wir werden nachdenklich und beschließen, zur Höhle von Franziskus zu gehen.
Drei Frauen zusammen zur Höhle von Franziskus. Wir erfuhren, dass es sich bei der Höhle vermutlich um eine alte Fruchtbarkeitshöhle gehandelt hat. Bewusst sehen wir die „Brust“ an der Höhle des Franziskus. Hier hat Franziskus über den Canto delle creature nachgedacht. In der Höhle hat Franziskus auch gelebt.
„Über was hat er meditiert“, will Traude wissen. In seinen Schriften wird es wohl immer wieder zu erkennen sein.
Das Belvedere. Vor hier aus sah Franziskus halb Umbrien.
Im Herbst sind die Früchte reif. Die Romita bereitet sich auf den Winter vor. Ich helfe mit, Feigen zu schneiden und zu trocknen.
Und ich laufe durch Bilder einer wunderbaren Ausstellung.
Bald beginne ich mit meinem Mini-Pilgern rund um die Romita. Ich möchte zum Ort San Gemini laufen. Vor dort soll Franziskus im Jahr 1213 zum ersten Mal die Romita gesehen haben. Das bestätigte Frate Bernardino.
Als Franziskus 1213 in San Gemini war, erzählten die Leute ihm von einer verlassenen Benediktiner-Kapelle. Franziskus baute diese Kapelle wieder auf – der Beginn der Romita.
1991 war es Frate Bernardino, der aus dem verfallenen Kloster der Benediktiner die Romita zurück ins Leben rief. In seinem Frühlingsbrief 2021 erzählt er darüber. FRÜHLING 2021-2
Am Morgen laufe ich los, nach San Gemini. Wie ich auf dem Weg merken sollte, ganz ohne Geld. Und trotzdem kehre ich nicht um – eine neue Pilger:innenerfahrung.
Die Romita und das Leben gehen bergauf.
Der Cammino Protomartiri Francescani führt um die Romita herum nach Cesi.
Wie schön – das hübsche, blumengeschmückte Cesi wartet.
und dann geht es in 1 ½ Stunden an der Straße entlang nach San Gemini. Der Weg zog sich und ich hatte Sorge, abends rechtzeitig zurück in der Romita zu sein.
Von weitem grüßt schon San Gemini. Ich kann jetzt nicht mehr umkehren. Ich musste nach San Gemini.
Ich fand kleine Pflaumen auf der Straße und hatte eine Verköstigung.
Wieder hatte ich Glück. Einige Kilometer nach Cesi hielt ein Auto an. Franco hat Mitleid mit der Pilgerin und gab mir einen Lift nach San Gemini. Franco sagte, er sei 94 Jahre alt. Er fuhr mir zuliebe einen kleinen Umweg und entließ mich in ein verzaubertes San Gemini.
Die Kirche San Francesco erbaute der dankbare Ehemann einer Frau, die von Franziskus der Legende nach geheilt wurde.
1213 besuchte Franziskus San Gemini und 1213 besuchte Franziskus auch die Romita.
Franziskus soll eine kranke Ehefrau aus der Familie Capitoni geheilt haben. Einige Zeit nach dem Tod von San Francis spendete die Familie Capitoni 1226 das Land für Kirchen- und Franziskanerklöster. Die Kirche Chiesa di S. Francesco befand sich ursprünglich außerhalb der Stadtmauern, gegenüber dem Haupttor der Stadt (Porta Burgi) in einem Bereich, der als Hauptmarktgelände genutzt wurde. Zu dieser Zeit war es üblich, dass sich Klosterkomplexe außerhalb der Stadtgrenzen befanden, um eine größere Unabhängigkeit von den örtlichen Bischöfen zu gewährleisten. Die Familie Capitoni war der Hauptpatron beim Bau der Kirche. Ihr Wappen ist in den Türpfosten deutlich sichtbar.
Das einladende Tourismusbüro von San Gemini ist hier untergebracht.
Die nette Dame in der „Informazioni Turistiche“ sagte, dass Franziskus vielleicht die verfallene Kapelle der Benediktiner nicht sehen konnte, sich aber von dem magischen Ort angezogen fühlte. Sie erzählte, dass an der Höhle von Franziskus Yoga-Gruppen üben würden. Und dass an der Stelle, wo heute die Kirche San Francesco steht, das Haus der kranken Frau gestanden hatte. Die Fresken an dem ehemaligen Wohnhaus erzählen von Franziskus.
Am frühen Nachmittag verabschiedete ich mich von dem lebhaften San Gemini.
Gott sei Dank habe ich die Leute vom „Motoclub San Gemini“ gefragt, wie ich am besten zur Romita komme. Hätte ich nur nach Cesi gefragt, wäre ich den kompletten Umweg gegangen. Ich hätte mir nicht mal ein Taxi leisten können – ohne Geld. Ich war in Eile. Die Leute vom Motoclub schenkten mir zwei Flaschen Wasser. Es wurde für mich gesorgt.
„Per andare alla Romita non bisogna andare a Cesi“ – sondern ich sollte Richtung der Cavi di Carsulae gehen. Die Ausgrabungsstätte kannte ich schon vom letzten Jahr.
Beim Zurückpilgern wird mir bewusst: Ich wandere auf den Spuren von Franziskus.
Wandernd auf dem Heimweg freute ich mich auf die Romita – die Pilger:innen und auf Frate Bernardino. Am 28.9. sollte Frate Bernardino von seinem Heimatbesuch heimkehren. Ich würde wieder viel mitschreiben, was der Franziskaner und Retter der Romita uns erzählen würde.
An einige Frate Bernardino Sätze erinnerte ich mich, heimlaufend.
Der Weg, den die Pilger:innen gehen, ist ein Bild für das Leben. Wir sind alle unterwegs. Frate Bernardino.
Jeder hat eine Last zu tragen, und jeder seine eigene Last.
Das Leben ist eine Pilger:innenreise: jeder Tag ist eine Etappe.
Sogar den Motorradfahrer:innen bin ich freundlich gesinnt und winke ihnen zu.
Ihre Kamerad:innen hatten mir in San Gemini den rechten Weg gezeigt und Wasser geschenkt.
Ein Merkmal von den Etappen ist die Überraschung.
Nach jeder Kurve erwartet uns eine neue Landschaft.
Es hat keinen Sinn sich zu beklagen über die Last von gestern.
Wenn wir die Verabredung mit dem Leben nicht verpassen, dann schenkt uns das Leben eine Fülle von Überraschungen.
Jeder Tag ist neu. Dieses Vertrauen lässt uns in Frieden weiter gehen.
„Ogni giorno è una nuova sorpresa“. Each day is a rebirth, hatte mir einmal ein Italienischer Freund gesagt.
Leise singe ich das Lied: „Wer nur den lieben Gott lässt walten“. Dieses Lied möge uns durch den Aufstieg zur Romita begleiten.
Am Tor angekommen, rief ich vom Handy aus die Romita an. Das sollte jeder tun, der durch dieses Tor geht.
Gott sei Dank, ich hatte es geschafft, bei Sonnenuntergang zu Hause zu sein.
Die sympathischen Italiener:innen bereiten Pasta zu – ich kann nicht anders, ich fotografiere, stehe staunend dabei, und am Schluss schneide ich die Nudeln. Einer der Köche erzählt von seinen vielen Berufen. Koch und Maurer, Orthopäde, Lebenskünstler.
Ecco le Linguine!
Am nächsten Tag – Frate Bernardino kehrt zurück – in seine Romita.
Auch Traude ist geblieben; sie will Frate Bernardino kennenlernen.
Frate Bernardinos Lieblingskuchen – gebacken von Caterina.
Wenn wir das Leben nicht verpassen, dann ist das Leben eine Überraschung. „Der Zug von Sardinien nach Umbrien war pünktlich“, erzählte Frate Bernardino am Mittagstisch. „Das war eine Überraschung“.
Unser Frühstück ist reich. Marmelade, Honig, Obst, Butter.
Wir schweigen beim Frühstück.
Nach dem Schweigen sprechen wir über Jesus als Kind und ich erzähle vom Buch, das Franz Alt geschrieben hat. Franz Alt: Gott als Kind.
Neue Pilger:innen kommen auf die Romita. Erfahrungen über den Franziskusweg werden ausgetauscht.
Ich erfahre, die Einsiedelei von Valfabbricca ist jetzt von Jakobusbrüdern bewohnt. Die Pilger:innen können in der Einsiedelei Kaffee trinken.
Auch die Pieve de Saddi bietet jetzt eine Unterkunft. Signor Frederico sei sehr gastfreundlich gewesen.
Die Kapelle auf der Romita.
In der Abendandacht kehrte Frate Bernardino in Gedanken nach Assisi und zum Kreuz von San Damiano zurück. „La croce mostra la crocifissione come un trionfo. Das Kreuz zeigt die Kreuzigung als Triumph. Cristo non soffrente. Christus leidet nicht. Davante questo croce, Francesco ha pregato cuando aveva 29 anni. Vor diesem Kreuz hat Franziskus gebetet, als er 29 Jahre alt war. E’ stato in un cambio. Er befand sich an einer Wegekreuzung“.
Frate Bernardino: Für viele Pilger:innen habe ich früher in Assisi, in San Damiano, den Reiseführer gemacht. Manches mal habe ich den Pilgernden gesagt: “Wenn es schlechte Laune gibt, schenken Sie sich eine Blume.”
Frate Bernardino hatte als Franziskaner über viele Jahre das Kreuz von San Damiano den Pilger:innen erklärt. Er hatte das Kreuz zum ersten Mal mit 11 Jahren gesehen. Und das Kreuz hatte auch irgendwie zu Frate Bernardino gesprochen: “Geh’ und baue meine Kirche wieder auf”.
Wir sollen brennende Kerzen sein, sagte Bernardino zu uns.
Schweigen ist Meditation. Frate Bernardino.
Vivere in abbondanza non ti rende felice. Leben im Überfluss macht nicht glücklich. Frate Bernardino.
Nicole, eine Pilgerin, baute Origami-Figuren für uns.
Wunderbar – che piacere. Linguine.
In der Siesta lese ich im Garten in der Biographie von Humbert Fink über Franziskus. In Gedanken gehe ich wieder den Franziskuspilgerweg.
„Mönche im Mittelalter konnten unbarmherzig sein. Das zeigt eine Episode vor dem Kloster Vallingegno. Franziskus wird abgewiesen; die Mönche hatten ihn nicht erkannt. Später einmal wird der Abt dieses Benediktinerklosters Franziskus um Verzeihung bitten.
Die umbrische Natur ist hier – in San Damiano – auf einige wenige Grundelemente konzentriert, schrieb Hubert Fink in seiner Franziskus Biographie. Pinien stehen streng und dunkel in der Landschaft. Sonnenblumen heben ihre gelben Köpfe. Gemüsegärten laufen hangabwärts, dazwischen einige Weinhügel, Pappeln, Ulmen, etwas Grünes dazwischen. Im Hintergrund der dunkelgrüne Buckel des Monte Subasio, aus dem die berühmten Steineichenwälder wachsen.
Und weiter lese ich bei Humbert Fink: Mancher junge Mann, der im Freundeskreis von Franziskus noch lästerte, fragte sich, ob er auch fähig zu so einer Leistung sei. Eine Kapelle wieder aufzubauen und auf Luxus zu verzichten. Aber der Stein war ins Wasser geworfen. Die Kreise im Wasser breiteten sich aus.
Ich lese weiter in der Franziskus-Biographie: Es muss im Vorfrühling des Jahres 1208 gewesen sein, jedenfalls kurze Zeit nach der Vollendung der Portiunkula und dem Erlebnis mit dem Evangelium… als sich Franziskus vor San Giorgio, einer alten Kirche hinstellt, und seine erste Predigt hält, dort wo 4 – 5 Jahrzehnte später die Basilika und das Kloster von Santa Chiara erbaut wurden – dort wo heute Kloster und Kirche ineinander übergehen.
Humbert Fink lesend erfahre ich wieder mehr über das Leben von Franziskus während seines Pilgerweges: … einen gefangenen Fisch am Ufer des Lago di Piediluco in der Nähe der Stadt Rieti nennt Franziskus einen Bruder, nimmt ihn aus dem Netz des überraschten Fischers und gibt ihm die Freiheit zurück.
Nach Fonte Colombo und der missglückten Augenoperation wird Franziskus nach Siena gebracht. Dort gab es eine medizinische Schule und angeblich gute Augenärzte.
Frate Bernardino sagte einmal über Assisi: In Assisi nehmen die Franziskaner, die Nachfolger des größten Pilgers aller Zeiten, keine Pilger:innen auf. In Assisi kostet alles Geld.
Soweit meine Lektüre in dem Buch von Humbert Fink, das hoffentlich immer noch in der Bibliothek der Romita auf mich wartet. Mi piacerebbe davvero tornare alla Romita.
Wenn Bernardino italienisch spricht – strahle ich und schreibe seine Worte mit. La Romita in Italiano.
Francesco restaurò una vecchia cappella e scrisse un testo che anticipava il canto delle creature. Abbiamo ricostruito i vecchi edifici per riempirli di persone, idee e attività.
Franziskus restaurierte eine alte Kapelle und verfasste einen Text, der den Gesang der Kreaturen vorwegnimmt. Wir haben die alten Gebäude wieder aufgebaut, um sie mit Menschen, Ideen und Aktivitäten zu füllen.
La Romita è un invito alla preghiera, contro l’oblio di Dio, alla meditazione, contro la dissipazione delle energie, a tacere contro il troppo parlare, a digiunare contro il troppo cibo, a vivere nella natura e con gli animali, contro la troppa tecnologia Accettazione del il diverso e il lontano contro la chiusura e il rifiuto, contro la condivisione del tempo e dello spazio contro l’avidità e l’egoismo, contro lo studio del Vangelo contro la mancanza di conoscenza di Cristo, contro il sano stile di vita contro le troppe cose inutili e dannose.
Die Romita ist eine Einladung zum Gebet, gegen das Vergessen Gottes, zur Meditation, gegen den Verlust von Energie, zum Schweigen, gegen zu viel Reden, zum Fasten, gegen zu viel Essen, zum Leben in der Natur und mit Tieren, gegen zu viel Technologie, eine Begrüßung der Andersdenkenden, das Teilen von Zeit und Raum, gegen Gier und Selbstsucht, das Studium des Evangeliums, gegen den Mangel an Wissen über Christus, eine Einladung zum gesunden Lebensstil, gegen zu viele nutzlose und schädliche Dinge.
Der Garten der Romita.
Die Ordnungstherapie der Romita schenkt mir neue Energie.
Sveglia (con musica) prima della levante del sole. Suona della campana che chiama alla preghiera in chiesa. Colazione: in silenzio come esercizio di attenzione, di umiltà e di gratitudine per i frutti di Madre terra. Lavoro manuale. Orti, giardini, manutenzione degli edifici, fare legna per l‘inverno, pulizie, cucinare.
Wachen Sie (mit Musik) auf, bevor die Sonne aufgeht. Die Glocke läutet, die zum Gebet in der Kirche ruft.
Frühstück in Stille als Übung der Aufmerksamkeit, Demut und Dankbarkeit für die Früchte von Mutter Erde.
Handarbeit. Gemüsegärten, Gärten, Gebäudeinstandhaltung, Holzherstellung für den Winter, Putzen, Kochen.
Dank der fleißigen Galline: frische Eier.
Ore 13: Pranzo.
Erde, die uns dies gebracht. Sonne, die es reif gemacht, liebe Sonne, liebe Erde, Euer nie vergessen werde. Christian Morgenstern.
Nel pomeriggio tempo libero per stare da soli e in silenzio per leggere – oder einfach nur den Blick über halb Umbrien schweifen zu lassen.
Nachmittags habe ich am liebsten das Geschirr abgespült und in der Sonne trocknen lassen.
Ore 19:30 suona della campa e preghiera. Ore 20 Cena. Il sabato sera in silenzio in preparazione alla Domenica. Dalle ore 22 risposo e silenzio.
Um 19:30 Uhr läuten die Glocken und laden zum Gebet. Um 20 Uhr Abendessen. Am Samstagabend essen wir in Stille zur Vorbereitung auf den Sonntag. Ab 22 Uhr Ruhe und Stille.
Il primo di Ottubre – Der erste Oktober
Cristo è la mia salvezza e la mia speranza. Christus ist meine Rettung und meine Hoffnung, sagt Frate Bernardino in der Abendandacht.
Pilger:innen sind angekommen: Lorenz und Alejandra leben in Assisi, kennen die Welt und glauben an eine andere Form des Wirtschaftens in der Welt. Alejandra arbeitete in einem Flüchtlingscamp in Jordanien.
Wir beten das Vater Unser. Das Italienische Vater Unser führt nicht mehr in Versuchung sondern Gott verlässt uns nicht in der Versuchung.
Padre nostro, che sei nei cieli, sia santificato il tuo nome, Vega il tuo regno, sia fatta la tua volontà, come in cielo coli in terra. Daci oggi il nostro pane quotidiano, e rimetti a noi i nostri debiti, come non li rimettiamo ai nostri debitori, e non ci abbandonare in tentazione ma rivelaci dal male. Il Signore sia con voi, E con il suo spirito. Vi benedica Dio onnipotente, Padre et Figlio e spirito Santo. Amen.
Frate Bernardino erzählt von seinem Lehrer Hans Küng & seiner Freiheit des Christen. Ein Buch von Hans Küng gibt es in der Bibliothek der Romita. Ich lese:
Ich bleibe in der Kirche, weil mich die Sache Jesu überzeugt hat und weil die Kirchengemeinschaft trotz und in allem versagen doch Sachverwalter Jesu geblieben ist. Hans Küng.
Ich finde ein Büchlein von Sabine Lebholz-Bonhoeffer.
Ich erfahre, Dietrich Bonhoeffer hatte eine Zwillingsschwester.
1.10.2019. Tagebuchnotiz: Ich habe heute Frate Bernardino gefragt, und ihm meine Überlegungen zur Stadtratskandidatur dargelegt. Ich habe ihm gesagt, dass ich über 25 Jahre als Basismitglied und Ortsvorsitzende der Grünen in Bad Wörishofen die grüne Fahne hochgehalten habe, als die Grünen noch klein waren; über die internen Diskussionen, dass ich mich als Ortsvorsitzende zurückzog und jetzt überlege, für die Stadtratswahlen 2020 zu kandidieren. Damals wusste ich nicht, ob ich überhaupt noch eine Chance bei den Grünen hätte. Frate Bernardino nahm sich die Zeit, setzte sich zu mir an den Tisch in der kleinen Piazza und erwiderte:
Wenn ich zu einem Interview gebeten wurde, habe ich immer Ja gesagt. Denn aus einem Nein kommt nichts, aus einem Ja ein Vielleicht.
Was man im Kopf trägt, dafür trägt man Verantwortung. Frate Bernardino.
Eine der jungen Italiener:innen hatte mir zugehört, als ich ihr von meinen politischen Gedanken und Zweifeln erzählte. Sie ermutigte mich, Frate Bernardino zu fragen. Wir beide saßen da und dann kam Frate Bernardino und ich habe ihn gefragt. Heute bin ich Stadträtin im Kneippkurort Bad Wörishofen und sehr dankbar dafür.
Pfarrer Sebastian Kneipp, Wasser und Bad Wörishofen gehören zusammen, das ist mein Thema.
Zeige den Menschen einen schönen Garten und sie werden die Blumen lieben.
Wenn wir den Tag mit Schwung beginnen, passiert etwas.
Es ist nicht selbstverständlich, dass wir Kraft in den Muskeln haben. Frate Bernardino.
Dieses Jahr feiern wir in Bad Wörishofen den 200. Geburtstag von Pfarrer Sebastian Kneipp.
Gerade jetzt begegne ich Zeitgenossen von Pfarrer Sebastian Kneipp, die auf ihre Weise das Leben von Franziskus nachlebten.
Nicht am Ziel wird der Mensch groß, sondern auf dem Weg. Ralph Waldo Emerson – auch der amerikanische Franziskus genannt.
Abends ging ich hinaus in die Dunkelheit, da sah ich einen schimmernden Stern und hörte einen Frosch quaken. Die Natur schien zu sagen: Nun? Ist das nicht genug? Ralph Waldo Emerson (1803 – 1882), US-amerikanischer Philosoph.
Der einzige Weg, einen Freund zu haben, ist der, selbst einer zu sein. Ralph Waldo Emerson.
Der Philosoph und Schriftsteller Ralph Waldo Emerson (25. Mai 1803 – 27. April 1882) schrieb das Buch, „Die Natur“.
Er veröffentlichte sein Buch mit 33 Jahren und verfolgte darin den Gedanken, dass der Mensch ein einfaches Leben im Einklang mit der Natur anstreben sollte. Das ist aktueller denn je.
Emersons Freund, der amerikanische Schriftsteller und Philosoph Thoreau (12. Juli 1817 – 6. Mai 1862) lebte für zwei Jahre, zwei Monate und zwei Tage völlig abgeschieden in einer Hütte im Wald am Walden Pond in Concord, Massachusetts.
Er wollte sich ganz auf das Wesentliche konzentrieren.
Dabei entstand sein Buch „Walden“. Thoreau sehnte sich nach der Einheit mit der Natur, einem Leben wie die Ureinwohner Amerikas es führten, frei von Zivilisationsstress. Denn den gab es schon im 19. Jh. So sind seine Gedanken uns heute sehr nah.
I went to the woods, because I wished to live deliberately, to front only the essential facts of live and see if I could not learn what it had to teach, and not, when I came to die, discover, that I had not lived.
Ich ging in die Wälder, weil mir daran lag, bewusst zu leben.
Ich wollte mich nur mit den wesentlichen Dingen des Lebens beschäftigen, um nicht, wenn es ans Sterben ging, die Entdeckung machen zu müssen, nicht gelebt zu haben.Aus: Walden. Oder das Leben in den Wäldern (Originaltitel: Walden. Or Life in the Woods)